Im Fahrkurs diskutierten wir Gedanken und Erkenntnisse zum Wohle unserer Pferde und auch zur Sicherheit von Fahrern und Passagieren.
Hier kann man die Weichen bereits beim Anspannen stellen, bevor das Fahren losgeht.
Neben einer zum Pferd und den Wünschen des Fahrers passenden Kutsche benötigt man natürlich das zu der Kutsche und zum Pferd passende Geschirr.
Die nachfolgenden Themen können jeweils per Mausklick einzeln direkt angewählt werden.
Es gibt grundsätzlich zwei Sorten Geschirre:
-
Sielengeschirr (Brustblattgeschirr)
-
Kumtgeschirr
-
Es gibt noch eine 3. Variante, das Marathonkumt, eine Kombination aus den beiden erstgenannten
Man benötigt zum Fahren mit einem Pferd ein anderes Geschirr als zum Fahren mit zwei oder mehr Pferden.
-
Beim Einspänner gibt es außerdem je nach Kutschentyp Unterschiede im Sellett. Ausführungen hierzu weiter unten auf dieser Seite.
Ich schreibe deshalb so ausführlich über die verschiedenen Geschirrsorten, da ich die Erfahrung machen musste, dass man von Firmen, die
mit Geschirren handeln, nicht unbedingt korrekt beraten wird.
Nachdem es mir nicht gelungen ist, ein ordentliches gebrauchtes und passendes Einspännergeschirr zu finden, ging ich auf eine Messe, um mich dort ausführlich beraten zu lassen.
Es ist erschreckend, was einem da erzählt wird. Ich outete mich als Anfänger mit unerfahrenem Pferd. Weiterhin erwähnte ich, dass wir
uns aus verschiedenen Gründen entschieden hatten, eine Gig zu kaufen. Die "Fachleute" priesen uns für einen Einachser Geschirre an, bei denen der Tragegurt nicht durchgehend und die Trageösen (aus Metall) am Selletteisen fixiert waren. Auf ein Sellett mit beweglichen
Scherenträgerriemen hin angesprochen, sagten sie nur, so etwas gibt es heute nicht mehr.
Nur zwei Verkäufer erinnerten sich nach erneuter gezielter Nachfrage, dass es für eine einachsige Kutsche ein Sellett mit beweglichen Scherenträgerriemen und Lederösen gibt. Obwohl wir deutlich
machten, das wir Feldwege und unebenes Gelände fahren wollten, wäre so ein Geschirr aber doch nicht unbedingt nötig.
Ob diese "Fehlberatung" etwas damit zu tun hatte, dass man auf der Messe das von uns gesuchte Modell nicht vorrätig hatte und die anderen verkaufen wollte, oder ob der Unterschied für unwichtig
gehalten wurde? Wer weiß. Es kam auch das Argument, dass man ohnehin besser mit einer vierrädrigen Kutsche fährt, da das Fahren mit einer Gig für Anfänger gefährlich sei. Zur Wahl der Kutsche
gibt es vielleicht bald noch eine weitere Seite.
Mein Pferd wurde jedenfalls von einem Fahrlehrer mit Erfahrung mit einer Gig eingefahren. Auf seinem Hof gab es übrigens fast nur Geschirre mit beweglichen Scherenträgerriemen.
Und wir haben ein solches neu kaufen können. Es gibt sie also. Und da es gute Gründe für die Unterschiede hinsichtlich der Scherenträger gibt, sollte man nicht nur darauf achten, ein Geschirr zu kaufen, dass dem Pferd passt, es muss auch zur Kutsche passen. Auch sollte es qualitativ hochwertig sein, sollte ein Bestandteil reißen, kann das böse Folgen haben.
Sielengeschirr (Brustblattgeschirr (auch Land- oder Juckeranspannung genannt) |
|
|
|
Hierzu hat uns Matz aus Österreich ein Foto geschickt und folgendes geschrieben: Max und Diana mit einem Zweispänner-Brustblattgeschirr. |
|
Kumtgeschirr |
||
|
||
![]() |
![]() |
Fotos von verschiedenen Kumtgeschirren findet Ihr auf der Seite Kaltblutrennen in Warendorf, wo u. a. auch ein Wettbewerb im Ziehen stattfand. |
Marathonkumt |
|
Hierzu hat uns Matz aus Österreich ein Foto geschickt und folgendes geschrieben: Ich fahre sowohl im Einspänner als auch im Zweispänner mit einem Marathonkumt (Es wird auch teilweise als Französisches Kumt bezeichnet). |
Meine Hafis sind übrigens auch der Meinung, dass das Marathonkumt viel besser sei als wie das Brustblatt. Einspännig fahre ich sehr selten mit dem Brustblatt, da es bei uns sehr hügelig ist, ist es für meine Hafis auch besser, wenn ich das Marathonkumt nehme. |
|
Nochmals das Marathonkumt, aber mit Zweispännervorrichtung, also Strangstutzen und kleiner Bauchgurt, welche in den Zugsträngen eingeschlauft werden. Ich habe das Marathonkumt vor ca. 2 Jahren für 600 DM das Stück (ohne Kammdeckel und Schweifriemen) gekauft. Es war allerdings einmal gebraucht, denn neu hätte es 800 DM gekostet. Es wird mittlerweile in verschiedenen Katalogen angeboten, die haben aber nicht so einen tollen Schnitt wie die meinigen. Matz |
Bei den 3 Varianten gibt es keine Unterschiede im Sellett und dem Hintergeschirr (Einspänner) bzw. im Kammdeckel (Zweispänner). Man kann also nachträglich z. B. Brustblatt + Halsriemen +
Halskoppel gegen Kumt + Strangstutze tauschen.
Da ich jedoch nur einspännig fahre, werde ich mich erst einmal mit dem Thema Einspännergeschirr beschäftigen.
Sellett beim Einspännergeschirr |
|||
Vor einachsigem (zweirädrigem) Wagen |
Vor zweiachsigem (vierrädrigem) Wagen mit Gabel |
Vor zweiachsigem (vierrädrigem) Wagen mit Scherbäumen |
|
Beim "Einachser sind die Gabelbäume (Scherbäume/Anzen/Londen) fest miteinander verbunden bzw. relativ starr an dem Wagen
angebracht. Man kann sich das vorstellen wie eine Schubkarre. Nach Möglichkeit sollte der Sitzkasten verschiebbar sein, um, je nach Besetzung, ein Gleichgewicht herzustellen.
So
also nicht:
Unser Fahrlehrer verwendete zum Einfahren eine Gig mit zwei parallelen Sitzbänken. Hier besteht die Möglichkeit, sich weiter
nach vorne oder hinten zu setzen um die Kutsche je nach Größe des Pferdes oder Gewicht der Beladung im Gleichgewicht zu halten. Beim Einachser nimmt man am besten ein Sellett mit durchgehendem, d.h. beweglichem Tragegurt, an dem Trageösen (aus Leder) befestigt sind. Dadurch, dass die Leinenführungsringe vor den Gurt geschraubt sind, kann der Gurt durch das Sellett gleiten und die Trageösen (Leder) sind nicht fixiert.
Zu diesem Sellett gehört ein Bauchgurt, bei dem der schmale Riemen (kleiner Bauchgurt) ebenfalls frei durch die Laschen des
großen Bauchgurts rutschen kann. Wäre der kleine Bauchgurt nicht frei beweglich, wäre der Tragegurt erneut fixiert. Dadurch, dass der kleine Bauchgurt zwar beweglich ist, aber durch
Laschen auf dem großen Bauchgurt gleitet, werden Scheuerstellen vermieden.
Es gibt für diese Art Sellett auch einen Bauchgurt mit zwei Schrauben. Dadurch kann man dieses zu einem festen Sellett für eine
Kutsche mit Einzelscherbäumen umwandeln. |
Beim 2-Achser sieht die Anspannung folgendermaßen aus: Schon das Sellett ist anders. Hier ist der Tragegurt nicht durchgehend.
Die Leinenführungsringe sind mittig durch den Riemen geschraubt, die Trageösen (aus Metall) sind dadurch am Selletteisen fixiert.
Somit haben wir am Pferd eine feste Führung des Wagens. |
Wen es interessiert, hier ein Auszug aus den "Richtlinien für den Bau und Erwerb pferdebespannter Fahrzeuge", erhältlich beim TÜV |
Anhang 7
Sicherheitstechnische Bewertung von Pferde- und Ponygeschirren 1. Sicherheitslinien An das Material und dessen Verarbeitung innerhalb der hier genannten Sicherheitslinien sind besonders hohe Qualitätsanforderungen zu stellen, weil hier die größten Belastungen auftreten. 1.1 Brustblattgeschirr
1.2 Kumtgeschirr
1.3 Kombinationsgeschirre
|
1.4 Leinen
2. Material und Verarbeitung innerhalb der Sicherheitslinien 2.1 Leder
2.2 Beschläge
|
2.3 Gebisse
3. Material und Verarbeitung außerhalb der Sicherheitslinien
4. Pflege des Geschirrs
|